«Gesegnete Speisen – Vom Essen und Trinken im Mittelalter»
Besuch der Sommerausstellung im Barocksaal der Stiftsbibliothek St. Gallen unter der Führung von Remo Wäspi am Samstag, 8. Juni 2024
Es hat schon fast Tradition, dass der Mörschwiler Historiker Remo Wäspi eine Führung durch die aktuelle Ausstellung der Stiftsbibliothek anbietet. Am Samstag, 8. Juni war es wieder soweit und Remo Wäspi begrüsste die 20 Teilnehmerinnen aus der ganzen Seelsorgeeinheit im Barocksaal der Stiftsbibliothek. Mit Sachkenntnis und Humor führte er durch die Ausstellung, die sich in diesem Sommer dem Essen und Trinken im Mittelalter widmet.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht eine einzigartige Quelle für die Küche des Mittelalters, die Benedictiones ad Mensas des St.Galler Mönchs und Gelehrten Ekkehard IV. aus dem Jahr 1020. Ausgehend von diesem Dokument lässt sich viel Interessantes, Erstaunliches und auch manch Kurioses über die Ernährungsgewohnheiten in den Klöstern im Mittelalter herleiten.
Eine grosse Rolle spielte in den Klöstern das Fasten. Ursprünglich bezog es sich auf das Essen von Fleisch und Milchspeisen. Daher war der Fisch ein ganz wichtiges Nahrungsmittel in den Klöstern des Mittelalters. Rezepte und verschiedene Zubereitungsarten von unterschiedlichsten Fischen konnten die Besucher der Ausstellung bestaunen. Welches Tier als Fisch zu gelten hatte, war allerdings nicht immer ganz eindeutig. Ist der Biber nun Fisch oder Fleisch?
Gemüse spielte im Gegensatz zu heute im Mittelalter eine eher untergeordnete Rolle. Es wurde zusammen mit Getreide und Fleisch in einem Topf über dem Feuer lange Zeit gegart und war schliesslich nur noch als Mus zu geniessen (Mus > Gemüse). Eines der ersten Rezepte für Salat findet sich ebenfalls in der Ausstellung, wie auch das Rezept der St.Galler Bratwurst aus dem 15 Jh. Auch dem Brauen von Bier kam in den Klöstern des Mittelalters eine grosse Bedeutung zu. Da das Wasser oft verunreinigt war, tranken die Mönche in der Regel anstelle Wasser Bier oder Wein. Natürlich hatte bereits der heilige Benedikt in seiner Regel bestimmt, wieviel Bier oder Wein es täglich sein sollten. Kein Wunder also, dass die älteste Brauerei der Schweiz in St. Gallen steht.
Im Anschluss an die Ausstellung im Barocksaal besuchten wir die sehr sehenswerte Dauerausstellung im Gewölbekeller. Immer wieder fasziniert die 1400-jährige Geschichte St. Gallens von der Einsiedelei des heiligen Gallus zum UNESCO Weltkulturerbe. Die Rolle der mittelalterlichen Klöster für die kulturelle Entwicklung Europas in verschiedenen Dimensionen wie Sprache, Schrift, Musik, Architektur und Spiritualität wird den Besuchern der Ausstellung sehr eindrücklich bewusst.
Der sehr interessante Ausstellungsbesuch wurde anschliessend mit einem Mittagessen im Café Gschwend gesellig abgerundet. Ein grosses Dankeschön an Remo Wäspi für seine kenntnisreiche und anschauliche Führung!
Isabelle Müller-Stewens