Pfarreileben in Zeiten der Pandemie

Rückblick des Pfarreirats auf 2020

Von Säulen, Autos und Strassen

Als der neugewählte Pfarreirat am 15. Januar 2020 zu seiner Gründungssitzung antrat, blickten wir hoch motiviert einem ereignisreichen Jahr entgegen. Dies taten wir in der Gewissheit der bewährten Handlungsschwerpunkte, die wir von der vorausgegangenen Räte-Generation übernehmen durften.

 

Dazu gehört eine Vielzahl über das Jahr verteilter Anlässe im Bereich „Gemeinschaft“: der ökumenische Suppentag, die Ostereiertütschen, der Zmorge für die Erstkommunikanten, der Firmungs- und der Muttertags-Apéro, die Auffahrtsfeier in der Unteren Waid für die Seelsorgeeinheit Steinerburg, die Zmorge nach den Rorate-Gottesdiensten und die monatlichen ‚Apéro Borgia‘. Zusammen mit dem mannigfaltigen Wirken der Frauengemeinschaft, der Pfadi Jürg Jenatsch, der Schönstattjugend und der Jungmannschaft zeugen sie vom regen Miteinander in unserer Pfarrei.

Zum Eingeübten und Bewährten gehören ferner die Mitwirkung bei Glaubensfeiern im Bereich „Liturgie“, hier insbesondere dem Kirchenfest ‚St. Johannes der Täufer‘, oder die quartalsweisen Gottesdienste der Frauengemeinschaft. Sodann ist da ein breites Spektrum an Anlässen der Erwachsenenbildung im Bereich „Verkündigung“ wie Lectio divina, Bibliolog, Gastvorträge und Exkursionen. Nicht zuletzt fällt der helfende Einsatz im Bereich „Diakonie“ seitens Pfarreicaritas, Altersbetreuung und der ökumenischen Flüchtlingshilfe ‚MörFlü‘ in Betracht. Die vier genannten Bereiche entsprechen den Grundfunktionen der Kirche und sind zugleich die Säulen des seit 2009 bestehenden Pfarreirats-Leitbilds.

Sinngemäss sagten wir im Januar, dass der Pfarreirat mit einem vollgetankten und perfekt gewarteten Fahrzeug in das Pfarreijahr starten könne. Wir ahnten nicht, dass der Pfarrei schon in wenigen Wochen eine für unsere Zeit beispiellose Pandemie die Strasse unter den Rädern wegziehen würde. Die schlechten Nachrichten häuften sich im Februar, und am 28.2. erklärte der Schweizerische Bundesrat die ‚Besondere Lage‘ nach dem Epidemiengesetz. Das veranlasste uns am 6.3. gemeinsam mit der evang.-ref. Kirche zur Absage des für den 15.3. geplanten, schon bis ins letzte Detail vorbereiteten ökumenischen Suppentages.

 

Am 13.3. erliess Bischof Markus Büchel das erste Dekret des Bistums St. Gallen über die Massnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus: Beschränkung der Kirchenbesucher auf 99 Personen, vorläufige Absage von Erstkommunion- und Firmfeiern, Verzicht auf Empfänge und Apéros nach Gottesdiensten. Damit wankte die Gemeinschafts-Säule der kirchlichen Grundfunktionen heftig. Allen schwante, dass bald nicht nur die im ersten Halbjahr besonders häufig angebotenen Apéros nach Gottesdiensten, meist auf unserem schönen Kirchenplatz bei bestem Wetter ausgetragen, gegenstandslos geworden sein würden.

Der Lockdown

Tatsächlich sollte bis zum wohl heftigsten Paukenschlag des Jahres nur noch ein Wochenende vergehen. Am 16.3. rief der Bundesrat die ‚Ausserordentliche Lage‘ aus, und gleichentags erging das zweite Bischöfliche Corona-Dekret: Verbot aller öffentlichen und privaten Anlässe, Untersagung aller Versammlungen.

 

Der Lockdown stoppte nicht nur schlagartig alle Gemeinschaftsaktivitäten der Pfadi, der Schönstättler, der Jungmannschaft und der Frauengemeinschaft. Mit dem Aussetzen der Sonntags- und Werktags-Gottesdienste entfiel auch die gewohnte Liturgie („Die Eucharistiefeier darf und soll von den Priestern nur noch privat gefeiert werden“) nebst allen Beiträgen bis hin zu den Messdienern, und mit dem Versammlungsverbot entfielen die Anlässe der Erwachsenenbildung. Das Gebot der Kontaktvermeidung erschwerte bzw. verunmöglichte die diakonischen Begegnungen.

 

Damit waren nun alle kirchlichen Grundfunktionen von der Pandemie betroffen. Bei unmittelbarer Betroffenheit halfen pragmatische Lösungen: Die 150 gefärbten Eier, die nach den österlichen Gottesdiensten nicht mehr verteilt werden konnten, wurden von den Pfarreiratsmitgliedern erworben und von ihnen und ihren Familien tapfer verzehrt. In vielen anderen Fällen – und das ist die besonders dankbar und ermutigend wahrgenommene Erkenntnis aus diesem ‚annus horribilis‘ – entstanden innovative Lösungen im Umgang mit den Herausforderungen.

 

Wir bleiben in Kontakt

Noch im März starteten Isabelle Müller-Stewens, die nach langjähriger Präsidentinnenschaft inzwischen die Leitung des Pfarreirats-Ressorts ‚Erwachsenenbildung‘ übernommen hatte, und unser Pfarreibeauftragter Bernd Ruhe damit, zu den Sonntagslesungen und -evangelien kurze Zugänge und Gedanken nach der Lectio-divina-Methode zu schreiben.

 

Sie wurden in der Kirche ausgelegt, zum Herunterladen auf die Website gestellt und per E-Mail versendet. Diese Impulse fanden reges Interesse und wurden bis zu unserem Kirchenfest am 24. Juni fortgeführt.

 

Das Projekt mündete im Juli in der Veröffentlichung aller 19 Texte in dem schönen Büchlein „Fürchtet euch nicht! – Biblische Gedanken zu den Sonntagslesungen in der Coronazeit“. Am 8. Oktober hatten Isabelle Müller-Stewens und Bernd Ruhe Gelegenheit, Bischof Markus in St. Gallen ein persönliches Exemplar zu überreichen.

Im Mitteilungsblatt der Gemeinde Mörschwil vom 19. März stach unter den vielen Anzeigen mit Absagen ‚wegen Corona‘ diejenige der Initiative „Mörschwil hilft“ heraus, in der sich die Pfadi Jürg Jenatsch engagierte. Angeboten wurde den zur Pandemie-Risikogruppe gehörenden Mitbürgern die Unterstützung bei Besorgungen, Botengängen und anderweitigen Tätigkeiten in der Öffentlichkeit. Anlässlich des Freiwilligenanlasses der Gemeinde am 20. Oktober wurde der Pfadi für ihren grossen Einsatz zu Gunsten der Mörschwiler Bevölkerung während dem Lockdown ein spezieller Dank ausgerichtet.

 

Erst abgesagt, dann nachgeholt: Firmung …

Da gemäss bundesrätlicher COVID19-Verordnung und entsprechendem 6. Dekret des Bistums religiöse Veranstaltungen erst wieder ab 28. Mai erlaubt waren, Firmungen sogar erst nach den Sommerferien, musste sowohl der Weisse Sonntag am 19. April als auch die Firmung am 9. Mai abgesagt werden. Die Firmung der 23 jungen Erwachsenen konnte am 6. September mit Generalvikar Guido Scherrer in einer den Sicherheitsbestimmungen (Maskenpflicht, Abstand usw.) entsprechenden, nichtsdestoweniger stimmungsvollen Messfeier nachgeholt werden. Unserer Firmkatechetin Barbara Gahler und ihrem Team ehemaliger Firmanden danken wir herzlich für die Vollendung des Firmwegs unter diesen aussergewöhnlichen Umständen.

…und Weisser Sonntag

Die von unseren Religionslehrerinnen wie in jedem Jahr mit grossem Engagement vorbereitete Erstkommunion konnte für 11 Kinder am 30. August in einem sehr schönen Festgottesdienst zumindest teilweise nachgeholt werden. Die Erstkommunion der zweiten Hälfte des Jahrgangs 2020 wurde auf 2021 verschoben. Herzlichen Dank an Monika Kurer und Monika Wagner für ihre Flexibilität angesichts der vielen Unwägbarkeiten in der Planung und Durchführung.

Denken Sie positiv, bleiben Sie negativ

Zu Pfingsten konnten die Gottesdienste nach zehnwöchigem Unterbruch wieder aufgenommen werden. Desinfektionsmittel, abgesperrte Bankreihen, Zettel zur Erfassung der Besucherdaten und Regeln zum Verlassen der Kirche zeugten jedoch vom weiterhin bestehenden Ernst der Lage. Insbesondere für gefährdete Personen – und dazu zählen vor allem unsere älteren Kirchenbesucher – wurde der Gottesdienstbesuch zu einer Risikoabwägung, so dass TV- und Radioangebote stärker genutzt wurden.

Der Pfarreirat freute sich, anlässlich des Pfingstfestes eine Grussbotschaft in Form einer Windspiel-Pfingsttaube an über 800 kath. Haushalte in Mörschwil verteilen zu können. Ebenso sprangen einige Aktivitäten der Jugend- und Erwachsenenarbeit wieder an, doch auch sie standen im Zeichen umfassender, strikter Hygiene- und Abstandsregeln. Gleiches galt für den Festgottesdienst zu unserem Kirchenfest ‚St. Johannes der Täufer‘ am 21. Juni.

Nach den Sommerferien holte der Pfarreirat das Arbeitswochenende nach, das schon für das Frühjahr mit dem Eintritt in die vierjährige Amtszeit geplant war. Es führte uns am 15./16. August nach Vorarlberg in die Probstei St. Gerold im Grossen Walsertal. Am Samstag blickten wir entlang der obengenannten Säulen unseres Leitbildes zunächst auf die vergangenen vier Jahre Pfarreiratsarbeit zurück. Im Anschluss erörterten wir ausführlicher unsere Erfahrungen und Erwartungen an Glauben und Kirche in Zeiten der Pandemie. In einem weiteren Workshop verständigten wir uns anhand von Leitfragen zum Zukunftsbild unserer Pfarrei über die Arbeitsschwerpunkte in den kommenden Jahren – soweit sich dies unter den gegebenen Umständen überhaupt machen liess. Der Sonntag stand im Zeichen der Vertiefung unseres Glaubens, zu der wir uns mit liturgischen ‚Stolpersteinen‘ im Gottesdienst auseinandersetzten. Diese konnten wir bei der Messe zum Amtsantritt von Pater Martin Werlen als neuem Probst von St. Gerold dann gleich unmittelbar erfahren und im Anschluss nochmals miteinander bedenken.

Die zweite Welle kommt

Der Steinerburg-Tag am 23. August war wie in jedem Jahr ein zentrales Zeichen des Zusammenwirkens der in der gleichnamigen Seelsorgeeinheit zusammengeführten Pfarreien Berg-Freidorf, Mörschwil, Steinach und Tübach sowie des Missionshauses der Salettiner. Der Anlass spiegelt sich mit dem leider pandemiebedingt abgesagten Auffahrts-Gottesdienst in der Unteren Waid. Die jährliche Pfarreiräte-Tagung, die dem Austausch zwischen den entsprechenden Greminen der vier Pfarreien vorbehalten ist, fand am 31. Oktober in Tübach statt. Auch sie stand formell wie inhaltlich im Zeichen des Umgangs mit der Pandemie, denn deren zweite Welle warf bereits ihre Schatten voraus. Im Schutzkonzept des Bistums für öffentliche Gottesdienste vom 19. Oktober wurde die allgemeine Maskenpflicht eingeführt, und mit Wirkung vom 29. Oktober trat die Begrenzung auf 50 Teilnehmende in Kraft.

 

Am 25. August nahm das Ressort Erwachsenenbildung die von der Vorbereitungsgruppe (Isabelle Müller-Stewens, Bernd Ruhe, Pater Gregor Syska und Remo Wäspi) angekündigte Lectio divina-Reihe des Matthäusevangeliums wieder auf. Unter dem Motto «Ich lese den Text – Der Text liest mich» wurden Interessierte einladen, wichtige Passagen dieses Evangeliums zu bedenken und miteinander darüber ins Gespräch zu kommen. An vier Abenden bis zum Jahresende wechselten sich Lectio divina und das schon bewährte Bibliolog-Format ab. Wir danken dem EB-Team herzlich für die Bereitschaft, mit diesen Methodiken in der Lektüre biblischer Texte neue Akzente zu setzen.

Wir streamen

Unser ökumenisches Miteinander der Mörschwiler Kirchen wurde mit dem Familiengottesdienst zum Schulanfang am 9. August neu belebt. Später konnten auch die ökumenische Abendbesinnung und die sonntägliche ‚Fiire mit dä Chliine‘ wieder durchgeführt werden. Der ökumenische Austausch zwischen Seelsorgern, Pfarreirats- und Kirchkreismitgliedern am 9. September, der stimmungsvolle Erntedank-Gottesdienst mit dem Mörschwiler Jodelchörli am 27. September, der von Schülerinnen und Schülern des Mörschwiler Religionsunterrichts der 6. Klasse gestaltete Weihnachts-Spazierweg für Kinder und ihre Familien sowie die online gestreamte Weihnachtsandacht am 25. Dezember waren weitere Zeichen gelebter Ökumene in unserer Pfarrei. Pfarrer Roger Poltera, Kirchkreispräsident Philipp Friedli, Messmerin Dora Soller und allen darüber hinaus Mitwirkenden sagen wir herzlichen Dank für die gute, beständige Zusammenarbeit.

Apropos ‚online‘ und ’streaming‘: Für die Nacht der Lichter des Bistums St. Gallen am 28. November organisierte der Pfarreirat in Mörschwil ein eigenständiges Programm, das ebenfalls live im Internet verfolgt werden konnte. Herzlichen Dank an Ruth Falk, Irina Wagner, Manuela Bissegger und ihre Flötenschülerinnen, Bernadette Stadler und die Frauengemeinschaft, Isabelle Müller-Stewens, Bernd Ruhe, Elisabeth Flammer, Pater Gregor Syska, Josua Schildknecht und die Schönstatt-Jungs für die stimmungsvollen Musik- und Wortbeiträge, an unsere Messmerinnen Ursi Hanimann und Bernadette Wick für unsere wunderschön erleuchtete Kirche, sowie an Emil, Marco und Ninian Mathis für die technische Verwirklichung.

 

2020 war ein herausforderndes Jahr voller dunkler Momente, aber eben auch voller Lichtblicke. Diese wären ohne das Engagement unzähliger Freiwilliger nicht zustande gekommen: Dafür ganz herzlicher Dank, hier speziell auch an Ruth Geisser für den Einsatz für die Pfarreicaritas sowie an Bernadette Schneider und Trudi Thoma für die Altersbetreuung anlässlich ‚runder‘ Geburtstage. Ohne Unterbruch standen unsere Seelsorgenden Bernd Ruhe und Pater Gregor Syska, die fachlichen Betreuenden der verschiedenen Anlässe bzw. Massnahmen sowie die Messmerinnen während des gesamten Jahres unter dem Druck, den gutgemeinten Erwartungen und Ratschlägen aller Beteiligten ebenso wie den Zwängen der Pandemievorbeugung gerecht zu werden – und das erst noch immer wieder ‚per sofort‘. Für die vielen pragmatischen Lösungen gebührt ihnen besondere Anerkennung. Ebenso geht ein herzliches „Dankeschön“ für das angenehme Miteinander an den Kirchenverwaltungsrat und seinen Präsidenten Christoph Knechtle.

 

Mein grösster Dank gilt zum Schluss den Kolleginnen und Kollegen im Pfarreirat: Godelive Frefel, Astrid Mathis, Katja Niedermann, Josua Schildknecht, Vizepräsidentin Nadia Schönenberger und Irina Wagner; Bernadette Stadler als Delegierte der Frauengemeinschaft, sowie Mathias Schiess und Moritz Dätwyler als Delegierte der Pfadi Jürg Jenatsch.

 

Jürgen Spickers, Pfarreiratspräsident